Interview mit Oberbürgermeister Michael Korwisi
Von Daniel Langwasser
Die Bad Homburger Bürger wählen am 14. Juni 2015 ihren neuen Oberbürgermeister. Rund fünf Wochen vor der Wahl ist der Wahlkampf in vollem Gange. Neben Amtsinhaber Michael Korwisi (parteilos) stellen sich auch der amtierende Bürgermeister Karl Heinz Krug (SPD) und Herausforderer Alexander Hetjes (CDU) zur Wahl.
Bad Homburg Info hat alle Kandidaten gebeten, Stellung zu drei in der Vergangenheit immer wieder diskutierten Themen zu nehmen. Den Anfang in der Interview-Reihe macht der regierende Oberbürgermeister Michael Korwisi.
Bad Homburg Info: Auf der Louisenstraße sind in den letzten Monaten vermehrt Leerstände zu beobachten. Parallel werden die gefühlten Zeiträume bis zur Neuvermietung immer länger und von Optikern, Friseuren und Nagelstudios dominiert. Was möchten Sie als Oberbürgermeister in den nächsten zwei Jahren konkret unternehmen, um die Attraktivität der Louisenstraße zu bewahren bzw. auszubauen?
Michael Korwisi: Das Problem temporärer Leerstände in Bad Homburg ist mir bekannt, ist jedoch, wie ein Vergleich mit anderen Kommunen zeigt, nicht signifikant ausgeprägt. Gespräche mit Hauseigentümern der Louisenstraße bestätigten mir diese Einschätzung. Eine von der Stadt vorgeschlagene Leerstandsbörse für Einzelhandelsimmobilien einzurichten, hielten die Immobilienbesitzern für nicht notwendig. Es heißt von den Hausbesitzern immer wieder, dass die Anschlussvermietungen innerhalb eines vertretbaren Zeitraums von 3-6 Monaten erfolgen.
Strukturell sind Leerstände im Einzelhandel grundsätzlich durch den stark angestiegenen E-Commerce bedingt. Hier gilt es intelligente Ansätze für den stationären Einzelhandel zu finden, um Internethandel und Ladengeschäft zu verknüpfen. Daran arbeiten wir. Internethandel sollte uns aber auch nicht erschrecken. Wir haben in Bad Homburg in der Louisenstraße eine gute Aufenthaltsqualität mit einem noch reichhaltigen Einzelhandelssortiment sowie mit Cafés und Restaurants. Mit der Fertigstellung des von mir initiierten neuen Karstadt-Parkhauses wird es auch 500 neue und moderne, breite und helle und leicht anfahrbare Parkplätze geben. Die Parkgebühren werden außerdem zum 1. Juni und weiter zum 1. November gesenkt.
Einige Leerstände in der Louisenstraße liegen jedoch in den Einzelfaktoren der jeweiligen Immobilie selbst begründet, wie z.B. ungünstiger Zuschnitt, zu große/zu kleine Verkaufsflächen, zum Teil stark überhöhte Preisvorstellungen des Vermieters usw. Ich bin jederzeit bereit, Kontakte zu interessierten Unternehmen herzustellen und bin mit vielen Immobilieninhabern dazu im Austausch.
Obgleich Bad Homburg auch hinsichtlich des Sortimentsmixes meiner Meinung nach noch gut dasteht, fällt die Dominanz der Filialunternehmen oder einzelner Branchen auf (Optikern, Bäcker, Handys). Hier sind die Einflussmöglichkeiten der Stadt sehr begrenzt, d.h. die Regulierung erfolgt hier über den Markt bzw. Angebot-Nachfrage-Mechanismus. Auch ich kann mir noch den einen oder anderen „notwendigen“ Laden (z.B. Haushalswaren) gut vorstellen. Leider sind diese Geschäfte oft inhaber- bzw. familiengeführt und die nachfolgende Generation will oder kann den Laden nicht übernehmen bzw. die teilweise sehr hohe Miete nicht bezahlen.
Zu gesamten Komplex „Attraktivität der Fußgängerzone“ wurde im Jahr 2012 von Bürgermeister Krug die Initiative Innenstadt Bad Homburg ins Leben gerufen mit dem Ziel, unseren Einzelhandelsstandort Bad Homburg und dort, insbesondere die Innenstadtlage weiter zu entwickeln und für die Zukunft zu positionieren. In der Initiative arbeiten mit: die Aktionsgemeinschaft, der Hotel und Gaststättenverband, der Interessenverband Haus und Grund, der Einzelhandelsverband, die IHK und nicht zuletzt die städtischen Ämter Stadtplanung und Wirtschaftsförderung sowie das Stadtmarketing. Ich bin bei den Sitzungen, Besprechungen und Begehungen selbstverständlich dabei. Die Initiative trifft sich regelmäßig und bearbeitet verschiedene Themenbereiche zur Weiterentwicklung unserer Innenstadt. Hierzu zählen unterschiedlichste Fragestellungen von Flächen und Sortimenten im Einzelhandel über die Gestaltung der Louisenstraße und ihrer Nebenstraßen bis hin zu Fragen der Parkraumentwicklung sowie der Richtlinien für Sondernutzungen. Bei den regelmäßigen Begehungen der Fußgängerzone, unter meiner Leitung erkunden wir Problemfelder und nehmen uns vor, sie abzuarbeiten.
Das Thema Einzelhandel in der Innenstadt ist für mich eines der wichtigsten Themenfelder der Kommunalpolitik überhaupt, und ich bin diesbezüglich in vielen Themenbereichen aktiv. Auf meinen Vorschlag wurde in diesem Jahr der Zuschuss der Stadt an die Aktionsgemeinschaft des Einzelhandels um € 50.000,- erhöht, damit die Bad Homburger Händler ihre gute Arbeit – Weinfest, Autogala, Kinderolympiade, Erntedankmarkt, Almstadl mit Weihnachtsstadt und Weihnachtsmarkt, Sound&DanceNacht etc. fortsetzen können.
Bad Homburg Info: Das ehemalige Sanatorium Dr. Goldschmidt in der Gemarkung Gonzenheim ist weiterhin dem Verfall preisgegeben. Trotz der in 2011 verabschiedeten Erhaltungssatzung hat sich augenscheinlich nichts bewegt, das Gelände ist nach wie vor alles andere als vorzeigbar. In wie weit werden Sie als Oberbürgermeister sich diesem Thema annehmen und wann ist mit sichtbaren Erfolgen zu rechnen?
Michael Korwisi: In der Tat: Der Eigentümer, der Hochtaunuskreis, lässt die Immobilie zusehends verfallen. Dabei hat das Sanatorium für die städtische (Kur-)Geschichte eine immense Bedeutung, war es doch bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts ein jüdisches Sanatorium. Auf meinen Vorschlag hat die Stadtverordnetenversammlung seinerzeit gegen die Stimmen der CDU die Erhaltungssatzung beschlossen. Eine Erhaltungssatzung verpflichtet laut Baugesetzbuch und entgegen der landläufigen Meinung allerdings den Eigentümer nicht dazu, das Gebäude zu erhalten und zu renovieren. Eine Erhaltungssatzung bedeutet (leider nur), dass das Gebäude nicht abgerissen werden darf.
Ich habe daher einen erneuten Antrag im Stadtparlament befürwortet, nämlich beim Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden zu beantragen, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Dies wurde dann auch – wieder gegen die Stimmen der CDU – so beschlossen. Bei einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, kann die Stadt dem Eigentümer dann tatsächlich die Auflage machen, es zu sanieren.
Nachdem das Stadtparlament den entsprechenden Beschluss gefasst hatte, habe ich folgendes getan: Es wurde bei einem Bauhistoriker ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Denkmalwürdigkeit des Gebäudes bestätigen und dokumentieren sollte. Dieses Gutachten liegt jetzt bei der Stadt vor und wird in Kürze den städtischen Gremien vorgestellt. Parallel dazu werden die weiteren Unterlagen zur Antragserstelllung fertig gestellt.
Im November letzten Jahres habe ich persönlich den Minister für Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein, durch das Gebäude geführt, um ihn von der Denkmalwürdigkeit zu überzeugen, denn sein Ministerium wiederum ist als Oberste Denkmalbehörde dem Landesamt für Denkmalpflege vorgesetzt.
Ich gehe davon aus, dass die Unterschutzstellung noch in diesem Jahr gelingt.
Darüber hinaus empfehle ich dem Landkreis, die Immobilie zu verkaufen – es gibt durchaus Interessenten, die sich eine denkmalgerechte Sanierung und Nachnutzung vorstellen können.
Bad Homburg Info: Bad Homburg genießt aus kultureller Sicht nach wie vor einen sehr guten Ruf. Leider sind die Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene sehr eingeschränkt, u.a. fehlt es an einem Kino. Das „Move & Groove“-Center könnte hier eine Lücke schließen, kommt aber nicht so richtig aus den Startlöchern. Was sind hier Ihre Pläne als Oberbürgermeister und ab wann kann man auch in Bad Homburg die aktuellsten Kinofilme genießen?
Michael Korwisi: Tatsächlich sind die Kultur- und Freizeitangebote für Jugendliche in Bad Homburg nicht sehr reichhaltig. Neben dem Gambrinus, den monatlichen Veranstaltungen der Reihe „Young Friday“ in der Englischen Kirche, den Sommerkonzerten und einigen Veranstaltungen im Rahmen des Homburger Sommers oder privater Veranstalter wie Orfuma gibt es wenig für junge Menschen. Was eindeutig fehlt sind ein Kino und ein Club. An der Umsetzung des Move&Groove-Centers arbeite ich schon lange. 2010 hat die Stadt das Postgebäude auf meinen Vorschlag hin erworben. Es gibt zwischenzeitlich einen Investor für die Baumaßnahme, einen potentiellen Kinobetreiber und mehrere Interessenten für den Betrieb des Clubs. Das größte Hindernis vor einer Realisierung ist die Deutsche Post. Die Postbank und die gelbe Post sind zur Zeit die Mieter. Ihr aus dem Jahr 2004 datierter Mietvertrag läuft noch bis zum 15. Juli 2016. Bisher sind alle – angesichts unklarer Zuständigkeiten bei der Post – unternommenen Versuche, die beiden „Postmieter“ zum vorzeitigen Auszug zu bewegen, gescheitert. Wir halten sogar im Ostflügel des Bahnhofs am 24-Stunden-Eingang eine Ladenfläche für einen Umzug der Post frei. Ich habe der Post zwischenzeitlich in einem Schreiben mitgeteilt, dass die Stadt den Mietvertrag über den 15. Juli 2016 hinaus unter keinen Umständen verlängern wird.
Spätestens im Juli 2016 wird dann also das Postgebäude abgerissen. Ob neben Kino und Club auch noch eine Trendsporthalle für vereinsungebundenen Sport errichtet wird, ist in den politischen Gremien noch nicht ausdiskutiert, muss jetzt allerdings in den nächsten sechs Monaten entschieden werden.
Am wichtigsten ist sicherlich das Kino. Für mich ist es eine Herzensangelegenheit, endlich wieder ein Kino für Jung und Alt in unserer Stadt zu haben, und ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen.
Wichtiger Nebeneffekt: Mit dem Abriss der Post kann dann endlich auch in der Nähe des Haupteingangs des Bahnhofes das von mir geplante Parkhaus (im heutigen Posthof) gebaut werden.
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